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4: Quito

"Luís, profe Luís!" werde ich jetzt im Alltag gerufen. Ich habe es mit Tim endgültig aufgegeben. Dabei können die Leute in Quito besser Englisch als in Guayaquil. Spanisch auch...

Ihr werdet euch erinnern, dass ich im heißen, schwülen Guayaquil, an der ecuadorianischen Küste gelebt habe. Vielleicht wisst ihr auch noch, dass die Stadt schon länger mit dem Thema Sicherheit zu kämpfen hat. Ende letzten Jahres wurde dann eine Statistik zur Mordrate veröffentlicht, die Guayaquil auf der Liste der brutalsten Städte der Welt vom 50. zum 24. Platz beförderte (1). Im Stadtteil Monte Sinaí, wo meine Arbeit lag, waren es 2 Morde pro Tag. Mir ist nie etwas passiert, und ich habe mich immer ausreichend sicher gefühlt. Trotzdem fing ich an, als die einzig anderen Freiwilligen abziehen mussten, den Sinn zu hinterfragen, mich täglich einem vermeidbaren Risiko auszusetzen, angesichts der Tatsache, dass ich mit meinem Aussehen ohnehin schon wie eine Zielscheibe mit Armen und Beinen rumlief. Zusammen mit Evivo e.V., meiner Entsenderorganisation, kamen wir schließlich zum Entschluss, dass es für mich Zeit wurde, zu gehen... Alleine, dass ich meine A1-Englischkurse noch bis zum Test begleiten konnte, war mir sehr wichtig. Meinen letzten Tag in Guayaquil war ich wieder in der Werkstatt, wo ich auch am ersten Tag war :).

 

Da ich aber noch auf garkeinen Fall aus dem Land wollte, meldete ich mich bei VASE (Voluntariado para Ayuda Social en Ecuador - Freiwilligendienst für soziale Hilfe in Ecuador), die mich letztlich auch aufnahmen. Die Organisation begleitet jährlich ca. 40 internationale Freiwillige in Ecuador, viele von denen ich schon aus gemeinsamen Ausflügen im Land gut kannte. Außerdem hat VASE viele Partnerorganisationen im Land. Ich bekam eine Gastmutti und einen Job in einer Kita in Quito zugeschrieben und konnte sofort anfangen!

 


(1)https://www.primicias.ec/noticias/sucesos/guayaquil-ciudades-violentas-homicidios/ 

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Der Umstieg zum CETI (Centro de Erradicacion Trabajo Infantil - Zentrum für Auflösung von Kinderarbeit) in Quito fiel mir zugegebenermaßen recht schwer. Eigentlich muss ich an der neuen Arbeit nicht viel machen. Vielleicht genau deshalb. Zusammen mit Kira, einer deutschen Freiwilligen und einer Handvoll Sozialarbeiter gilt es jeden Tag aufs neue, die Horde wilder Kinder zu bändigen. Dafür sind die schon in Gruppen aufgeteilt: Vormittags und Nachmittags je los pequeños, los medianos, und los grandes. Täglich ca. 60 Kids von 3 bis 16 Jahre.

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An ecuadorianischen Schulen bedingt der  Lehrermangel ein Vormittags-Nachmittags-System für zwei Gruppen Schüler. Entsprechend kommen im CETI die Kids vor-oder nach der Schule, machen dort ihre Hausaufgaben, und lernen zusätzlich Englisch, Kunst, Kichwa (2), etc... Spielen, nerven, raufen und nörgeln gehören auch zur Tagesordnung. Am liebsten gehen aber alle einfach in den Park um Fußball zu spielen. Das ist ein Selbstläufer!

(2) "Kichwa" ist eine Gruppe eng miteinander verwandter indigener Sprachvarietäten, die im Andenraum Südamerikas gesprochen werden. (In Quito wird viel mehr Kichwa als in Guayaquil gesprochen und ist neben Kulturerbe ein großer Bestandteil des Slangs.)

Die höchstgelegene Hauptstadt der Welt!

Mein Leben in Quito könnte nicht divergierender von dem in Guayaquil sein. Dort kam ich noch schwitzend aus der Dusche, jetzt genieße ich hier bei 19° / 9° reines Pulli-Wetter. Vormittags knallt mir täglich auf dem Weg zum Bus die Sonne auf den Schädel und nachmittags ist immer mit Regen zu rechnen.
Zum Glück fängt die Arbeit erst um 10:00 an, so bleibe ich vor der gefürchteten Stoßzeit Quitos verschont. Zugegebenermaßen spiele ich nicht mehr eine so große Rolle wie in Guayaquil. Ich sehe mich als eine kleine Unterstützung und billige Arbeitskraft. Das deckt sich mit der Erfahrung vieler anderer Freiwilligen, mit denen ich hier zu tun habe. Trotzdem gehe ich gerne hin.
In der Hauptstadt habe ich hier ein viel ausgewogeneres Sozialleben. Ich stelle verdutzt fest, dass ich in Guayaquil unter der Woche nichts unternommen habe! Das mag daran liegen, dass ich in der Stadt meines Wissens der einzige Freiwillige war und meine Gastfamilie mir von jeglicher Freizeitbeschäftigung abriet … Hier aber bin ich nach der Arbeit immer im Park, im Zentrum, oder in der Tanzschule zu finden. (Zusammen mit einigen anderen Freiwilligen lerne ich jetzt 3-mal die Woche Salsa und Bachata!).
Außerdem hat die Stadt viel mehr zu bieten. Es gibt mehr Freizeitangebote, Parks und Diversität als in Guayaquil. Manchmal vergesse ich hier, dass ich in Ecuador lebe!

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Bogotá, Kolumbien

Kaum bin ich in Quito angekommen, durfte ich wieder nach Guayaquil, um dort in den Flieger nach Kolumbien zu steigen. Mich hatte Markus, ein ehemaliger Lehrer und Freund vor ein paar Monaten eingeladen, mit ihm und seinem Mann in Kolumbien Urlaub zu machen. Bei einem Freund bin ich untergekommen und verbrachte eine Woche damit, die Stadt kennenzulernen und mich in sie zu verlieben!

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